AT-Agri-SSPs

AT-Agri-SSPs are based on the Eur-Agri-SSPs and result from a protocol-based downscaling procedure. Methodological details and further results are presented in:

Katrin Karner, Hermine Mitter, Franz Sinabell, Martin Schönhart 2024. Participatory development of Shared Socioeconomic Pathways for Austria’s agriculture and food systems, Land Use Policy 142, 107183, https://doi.org/10.1016/j.landusepol.2024.107183.

Here, we present the full German storylines of the five AT-Agri-SSPs. The storylines have been reviewed by the stakeholders and revised accordingly. Each storyline has a heading and sub-heading for each of the five topics (population and institutions, economy, politics and institutions, technology, and environment and natural resources).

Storyline AT-Agri-SSP1: Agrar- und Ernährungssystem forciert Nachhaltigkeit und Resilienz

Bevölkerung und Urbanisierung: Aufwertung der ländlichen Räume

Das Umweltbewusstsein der österreichischen Bevölkerung steigt stark und kontinuierlich an. Die Menschen erkennen zunehmend die Zusammenhänge zwischen der Landwirtschaft, Biodiversität und den Ökosystemleistungen. Sie genießen viel Zeit in der Natur und leben naturverbunden. Dies führt zu einer Aufwertung von Kleinstädten sowie einer Verbesserung der Stadt-Land-Beziehung. Beispielsweise werden die Ganztageskinderbetreuung, öffentliche Verkehrsmittel, Fuß- und Radwege und die Verfügbarkeit von Hochleistungsinternet in ländlichen Räumen stark ausgebaut. Landwirtschaftliche Arbeitsplätze werden attraktiver durch ansprechende Einkommensmöglichkeiten und Sozialleistungen. Andererseits steigen auch die nötigen Fertigkeiten der Arbeitskräfte. Dies lockt junge Leute auch außerhalb bäuerlicher Familien in die Landwirtschaft. Es wird großen Wert seitens der Bevölkerung und der Politik auf eine Verdichtung von Siedlungsgebieten gelegt, insbesondere in Kleinstädten, um den Flächenverbrauch einzudämmen. Die Bevölkerung in den Städten wächst immer noch auf Kosten ländlicher Räume, aber mit deutlich geringerer Geschwindigkeit. Regionen im Großstadtumlandbereich (z.B. der Wiener „Speckgürtel“) bleiben jedenfalls attraktive Wohnorte. Daher bleibt hier eine größere Konkurrenz um Flächen.

Wirtschaft: Faire und regionale Lebensmittelketten mit internalisierten Umweltkosten

Die hohe Kaufkraft der städtischen Bevölkerung führt zu einem stärkeren Anstieg der Landpreise als in ländlichen Regionen abseits der Großstädte. Österreich und insbesondere die naturnahen, alpinen Räume sind auch ein beliebtes Ziel für den Ökotourismus, sodass zusätzliche Einkommensmöglichkeiten aus nicht-landwirtschaftlichen Tätigkeiten, bspw. durch Urlaub am Bauernhof, entstehen. Der österreichischen Bevölkerung ist ein bewusster Umgang mit den Ressourcen und Lebensmitteln überaus wichtig. Dies zeigt sich unter anderem durch eine starke Reduktion der Lebensmittelabfälle. Der Großteil der Bevölkerung ernährt sich gesund und mit regionalen Produkten. Es werden daher nur wenige Lebensmittel und Agrargüter importiert, obwohl die Nachfrage nach biogenen Rohstoffen, etwa im Bereich der Gebäudedämmung, steigt. Da Regionalität auch im restlichen Europa zunehmend eine Rolle spielt, sinken die Exporte aus Österreich ebenfalls mäßig. In Summe wird deutlich weniger Fleisch und dabei ausschließlich Tierwohl-Produkte nachgefragt. Dadurch und mit entsprechender politischer Unterstützung kommt es zu einer Aufwertung der Weidehaltung und der extensiven Grünlandnutzung. Die Landwirtschaft in Österreich wird aufgrund der Nachfrage wie auch der politischen Rahmenbedingungen zur Gänze an den weiter steigenden Standards der biologischen Landwirtschaft ausgerichtet. Die Rahmenbedingungen erhalten eine gewisse Kleinteiligkeit der österreichischen Agrarstruktur, da v.a. auch kleine Betriebe finanziell unterstützt werden. Es kommt zwar weiterhin zu Betriebsaufgaben und -übernahmen und einer Zunahme der Betriebsgröße, jedoch kann der Strukturwandel etwas abgeschwächt werden im Vergleich zu heute.

Politik & Institutionen: Proaktive Politik mit vielfältigen Beteiligungsprozessen zur nachhaltigen und gerechten Transformation

Die Effektivität von österreichischen und europäischen Institutionen und Multilevel Governance nehmen stark zu. Die Agrarpolitik ist eingebettet in die an gesellschaftlicher Bedeutung stark zunehmenden Umwelt- und Sozialpolitiken und wird von unterschiedlichen politischen Akteur*innen und der Zivilgesellschaft getragen. Dem öffentlichen Interesse folgend werden mehr bzw. strengere Umweltstandards, Tierwohlstandards und Sozialstandards festgelegt und ökosoziale Steuern eingeführt, die unter anderem die externen Kosten aus dem Transport, sowie negative Umweltauswirkungen besteuern. Verarbeitende Betriebe, vor allem in ländlichen Räumen, profitieren vom besteuerten Transport und der hohen regionalen Nachfrage. Die Einkommensunterstützung für Landwirt*innen, also die Direktzahlungen, werden durch öffentliche Zahlungen (d.h. Agrarumweltprogramme) ersetzt, die zur Gänze an den Arten- und Ressourcenschutz, die Bereitstellung von Ökosystemleistungen und die Bewirtschaftung benachteiligter ländlicher Regionen, insbesondere des alpinen Grünlands, gekoppelt sind. Das heißt alle Maßnahmen der Agrarpolitik werden ökosozial ausgerichtet. In Summe werden die dafür aufgebrachten finanziellen Mittel erhöht. Neben einem Agrarumweltprogramm werden auch zusätzliche, regionale Förderungsprogramme gestärkt, die Regionen-spezifische Umweltziele fördern. Hier werden auch die Gemeinden stark eingebunden. Diese Änderungen erhöhen die Anreize für besonders wirksame, ergebnis-orientierte ökologische Maßnahmen und die Attraktivität ökosozialer Bewirtschaftungssysteme deutlich.

Technologie, [Umwelt & Ressourcen]: Die Ära der umweltfreundlichen Technologien bewirkt eine sehr hohe Ressourcennutzungseffizienz

Der technologische Fortschritt und das stark zunehmende Bildungsniveau der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft bewirken nur mäßige Steigerungen der Arbeits- und Flächenproduktivität, weil ein Großteil der Technologieentwicklung auf umweltfreundliche Prozesse im Agrar- und Ernährungssystem abzielt. Beispielsweise steigen die Angebote für eine Diversifizierung der Geräteausstattung von landwirtschaftlichen Betrieben in vielen Bereichen, die auch eine autonome Bewirtschaftung ermöglichen und oft gemeinschaftlich genutzt werden. Die technologischen Entwicklungen ermöglichen ebenfalls eine kleinräumige, standort-angepasste Bewirtschaftung beispielsweise im Ackerbau. Im Bereich der Farm Management Systeme stehen unter anderem einfache und benutzerfreundliche Tools zur Bilanzierung bspw. von Kohlenstoff oder Stickstoff zur Verfügung. Verbesserte Technologien stehen auch Konsument*innen zur Verfügung. Diese können beispielsweise schnell und einfach die Herkunft der Lebensmittel, deren Produktionsweise und Inhaltsstoffe nachvollziehen und erlauben einfache und schnelle Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Produzent*innen und Konsument*innen, wodurch ebenfalls die dezentrale Versorgung profitiert und erleichtert wird.

Umwelt und natürliche Ressourcen: Ein bewusster und integrierter Umgang

Das erhöhte Umweltbewusstsein der Bevölkerung, der agrarpolitische Fokus auf Umweltschutz und die Weiterentwicklung und Verbreitung von umweltfreundlichen Technologien bewirken eine erhebliche Erhöhung der Ressourcennutzungseffizienz, sowie höhere Investitionen in die Renaturierung von Lebensräumen, grüner Infrastruktur und der Konnektivität von Habitaten in Österreich. Die Verfügbarkeit und der Zugang zu Land und Wasser für die landwirtschaftliche Produktion wird erleichtert, bspw. aufgrund strenger Vorgaben zur Eindämmung der Flächenversiegelung und dem Fokus auf den Rückbau von nicht genutzten Gebäuden. Jedoch ist dieser Zugang an strengen Bewirtschaftungsauflagen gekoppelt, um eine nachhaltige Nutzung sicherzustellen.

Storyline AT-Agri-SSP2: Agrar- und Ernährungssystem folgt bisherigen Trends

Bevölkerung und Urbanisierung: Die Städte wachsen weiter – das Land bleibt beliebt

Vergangene Trends bestimmen die Entwicklungen im österreichischen Agrar- und Ernährungssystem. Dies spiegelt sich beispielsweise in einer anhaltenden Bevölkerungszunahme in Städten und einer langsamen aber stetigen Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur in ländlichen Räumen wider. Der anhaltende Zuzug in größere Städte (v.a. Wien, Landeshauptstädte) bewirkt neben einer innerstädtischen Verdichtung deren Ausdehnung an den Stadträndern. Darüber hinaus nimmt der Flächendruck im Stadtumland aufgrund der „Stadtflucht“ zu. Vor allem zahlungskräftige Bewohner*innen größerer Städte hegen den Wunsch nach einem Einfamilienhaus im Stadtumland und das erhöht die Landpreise. Aufgrund der starken räumlichen Verflechtung von Siedlungen und landwirtschaftlichen Flächen in stadtnahen Gebieten und der steigenden Freizeitnutzung in der Natur, kommt es immer wieder zu Konflikten. Landwirt*innen fühlen sich im betrieblichen Management eingeschränkt. Das Verständnis der Bevölkerung ihnen gegenüber bleibt auf dem heutigen Niveau. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit der österreichischen Bevölkerung steigt mäßig an, getrieben von einem höheren Bildungsniveau der Bevölkerung. Landwirt*innen nehmen zudem auch das zunehmende öffentliche Schulungs- und Beratungsangebot zu einer nachhaltigeren landwirtschaftlichen Produktion an.

Wirtschaft: Fokus auf Marktintegration und Marktkonzentration

Marktintegration wird auf österreichischer und europäischer Ebene stärker forciert, wodurch österreichische Agrargüter weiterhin vorwiegend am europäischen Markt abgesetzt werden. Die Entwicklung der Exporte aus Österreich wird verstärkt, vor allem in der Fleisch- und Milchproduktion. Die Marktkonzentration in vor- und nachgelagerten Sektoren der Landwirtschaft steigt angetrieben durch technologischen Fortschritt und preisbewusste Konsument*innen weiterhin an. Kleinere Verarbeitungsbetriebe außerhalb von Nischen geraten unter Druck und können immer seltener mit großen Betrieben in Verhandlungen mit einem hochkonzentrierten Lebensmitteleinzelhandel konkurrieren. Letzterer setzt verstärkt auf Handelsmarken und vertikale Produktion. Die Marktintegration und wachsende Nachfrage nach biologischen Lebensmitteln in Europa führen zu einem gleichbleibenden Wachstum der biologischen Landwirtschaft in Österreich. Vor allem Fleisch aus Weidehaltung wird von Tierwohl-orientierten Konsument*innen in Österreich wie auch am europäischen Markt nachgefragt. Das und die öffentlichen Zahlungen erhalten die Wettbewerbsfähigkeit benachteiligter Gebiete oder Landwirtschaftsformen     , etwa der Almwirtschaft. Jedoch schreitet der Strukturwandel weiterhin voran sowohl bei viehhaltenden Betrieben im Berg- und Hügelland wie auch bei Ackerbaubetrieben im Flachland. Dem daraus folgenden steigenden Bedarf an Fremdarbeitskräften steht der bereits heute spürbare Mangel an Arbeitskräften gegenüber. Die mäßig steigende Nachfrage nach biogenen Rohstoffen, gleichbleibende Nachfragetrends nach erneuerbaren Energieträgern aus der Landwirtschaft, z.B. Agro-Photovoltaik-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen, erhöhen insgesamt die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen.

Politik & Institutionen: Wachsende ökosoziale Ausrichtung der Agrarpolitik mit zaghaften Maßnahmen und Umsetzung

Das zeigt sich auch in der politischen Agenda, beispielsweise durch eine Zunahme von Umwelt- und Sozialstandards. Die ökologische Ausrichtung der nationalen Agrarpolitik wird weiter vorangetrieben, jedoch nicht stärker als bisher. Zum Beispiel entsprechen die Direktzahlungen nominal dem heutigen Niveau, allerdings um weitere Umweltauflagen ergänzt. Das beinhaltet auch strengere Vorgaben bzgl. Fruchtfolgen und Pflanzenschutzmitteln sowie eine Reduktion von Emissionsgrenzwerten (z.B. Ammoniak).

Technologie, Umwelt & Ressourcen: Stetige technologische Weiterentwicklungen und Effizienzsteigerungen

Der technologische Fortschritt in der Landwirtschaft, darunter Technologien zur Verringerung von Nährstoff- und Pestizideinträgen sowie wassersparende Bewässerungssysteme, bewirken unter anderem, dass sich der Druck auf die natürlichen Ressourcen langsam aber stetig verringert – mit positiven Effekten auf die Ressourcennutzungseffizienz und die Flächenproduktivität. Eine Vielzahl an technologischen Weiterentwicklungen zielt ebenfalls auf Steigerungen der Arbeitsproduktivität ab.

Storyline AT-Agri-SSP3: Agrar- und Ernährungssystem forciert nationale Versorgungssicherheit

Bevölkerung und Urbanisierung: Eine angespannte soziale Lage

Die österreichische Bevölkerung wünscht sich „Österreich zuerst“. Die nationale Wirtschaft und Politik zieht sich aus dem europäischen Integrationsprojekt der EU zurück, das ohnehin nur mehr in Ansätzen besteht. Das Umweltbewusstsein der österreichischen Bevölkerung nimmt mäßig ab. Daher werden für die Versorgungssicherheit negative Umweltauswirkungen in Kauf genommen. Die weitgehende Isolation der Nationalstaaten Europas, wie auch Österreichs, führt zu einer angespannten wirtschaftlichen Lage, wodurch soziale Spannungen zunehmen. Beispielsweise nehmen die Spannungen zwischen städtischen und ländlichen Räumen in Österreich zu, vor allem wenn es um Fragen der Ressourcennutzung sowie des wirtschaftlichen Ausgleichs geht. Aufgrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes bremst sich die Urbanisierung ein.

Wirtschaft: Nur „Made in Austria“ zählt

Da sich viele Länder auf den Nationalstaat rückbesinnen, sinkt die ausländische Nachfrage nach österreichischen Agrarprodukten stark, begleitet von stark steigenden Einfuhr- und Ausfuhrzöllen. Dieses international wirtschaftliche Umfeld erschwert den Agrarhandel und macht ihn unrentabler. Exportorientierte Branchen, etwa die Milch- und Rindfleischindustrie trifft das besonders. Die Fleischnachfrage bleibt in Österreich zwar hoch, kann das Überangebot aus den Grünlandregionen der Berggebiete jedoch nicht kompensieren. Ein starker Preisanstieg bei Betriebsmitteln ist vor allem getrieben von der steigenden Marktkonzentration in vor- und nachgelagerten Sektoren und dem Mangel an ausländischen Marktakteuren. Um in einem solchen Umfeld steigende Lebensmittel-, Rohstoff- und Energiepreise zu verhindern, stabilisiert der Staat die Preise und greift dem landwirtschaftlichen Sektor mit Einkommensstützungen unter die Arme. Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen führen dazu, dass die Geschwindigkeit des Strukturwandels in der Landwirtschaft dem heutigen Niveau entspricht. Das wirtschaftliche und soziale Umfeld wie auch das hohe Subventionsniveau lassen die Bereitschaft der Landwirt*innen zur Kooperation mäßig sinken.

Politik und Institutionen: Agrarpolitischer Fokus auf Ernährungssouveränität

Der Fokus der nationalen Agrarpolitik wird auf Ernährungs- und Energiesouveränität gelegt. Die Isolation Österreichs führt jedoch zu abnehmender politischer Stabilität. Politische Maßnahmen und finanzielle Unterstützungen richten sich vor allem an jene Bereiche, bei denen der Selbstversorgungsgrad in Österreich bisher niedrig war. Das betrifft beispielsweise den Anbau bestimmter Ackerkulturen (z.B. Ölsaaten) oder die Haltung von Geflügel. Die Landwirtschaft hat aufgrund ihrer Versorgungsfunktion einen hohen Stellenwert in der politischen Agenda. Das spiegelt sich auch im nationalen Agrarbudget wider, solange das mäßig sinkende Wirtschaftswachstum öffentliche Zahlungen erlaubt. Die Agrarförderungen beinhalten neben hohen Direktzahlungen vor allem Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete und Zahlungen für Agrarinvestitionen. Agrarumweltzahlungen spielen in diesem Umfeld eine geringe Rolle, bleiben aber bestehen, um ein Mindestniveau an Umweltqualität zu sichern, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Produktionskapazitäten (z.B. qualitativer Bodenschutz). Biologischer Landbau sowie tierwohl-orientierte Produktionsweisen verlieren deutlich an Bedeutung. Gesetzliche Umweltstandards bleiben zum Teil erhalten, um eine langfristige Eigenversorgung mit Lebensmitteln und Energie sicherzustellen. Ökologische Bewirtschaftungsvorgaben, die in Summe abnehmen, sind aber zur Gänze von den Einkommensstützungen entkoppelt und Teil freiwilliger Agrarumweltmaßnahmen. Die nationale agrarische Produktion soll auch durch verbesserte produktionsorientierte Beratung gefördert werden.

Technologie, Umwelt und Ressourcen: Langsame Technologieentwicklung und hoher Druck auf natürliche Ressourcen

Die Isolation Österreichs und verringerte öffentliche und private Investitionen verringern den technologischen Fortschritt, der, sofern vorhanden, vor allem zu Produktivitätssteigerungen führt. Um der Nachfrage nach heimisch produzierten Lebensmitteln und der Energiesouveränität gerecht zu werden, gibt es einen verbesserten Zugang zu natürlichen Ressourcen wie Waser und Land, sowie verringerte regionale Einschränkungen zur agrarischen Landnutzung, wie beispielsweise in Schutzgebieten. Zudem fallen niederwertige Rohstoffpotenziale für die weitere stoffliche bzw. energetische Verwertung an, vor allem durch die starke Forcierung von stofflichen Produktionsschienen und der Lebensmittelproduktion. Allgemein bewirken die hohen Energiepreise eine erhöhte Konkurrenz um Land zur Ernährungs- und Energieproduktion.

Storyline AT-Agri-SSP4: Agrar- und Ernährungssystem wird dominiert durch reiche Eliten

Bevölkerung und Urbanisierung: Ungleichheit führt zu sozialen Spannungen

Soziale Ungleichheit, Instabilität und Spannungen nehmen sowohl zwischen als auch innerhalb den städtischen und ländlichen Regionen stark zu. Es gibt eine Zweiklassengesellschaft: die reiche Oberschicht, die politisch den Ton angibt, gut vernetzt ist, auch international, und vorwiegend in Wien lebt, und eine gesellschaftlich benachteiligte absolute Mehrheit mit sinkendem Bildungsstand und Gesundheitszustand. Das führt zu einem geringen durchschnittlichen Umweltbewusstsein der Bevölkerung. Die Beziehungen zwischen städtischen und ländlichen Räumen Österreichs verschlechtern sich zunehmend. Bei zunehmender Urbanisierung sucht die städtische Bevölkerung ländliche Räume seltener für Freizeit- und Erholungszwecke auf.

Wirtschaft: Marktmacht und globale Lieferketten

Die reiche Oberschicht im In- und Ausland konsumiert vor allem qualitativ hochwertige Produkte, wobei die Herkunft der Produkte gleichgültig ist. Ausgewählte in Österreich produzierte, hochwertige Agrarprodukte sind am Weltmarkt gefragt. Gleichzeitig kann sich die sozial schwächer gestellte Mehrheit der Bevölkerung nur billige Lebensmittel leisten, meist hochverarbeitet und als Fertigprodukte mit wenig Wissen zubereitbar. Wenig verwunderlich ist hierbei ein steigendes Lebensmittelmüllaufkommen in den Haushalten. Es folgt, dass die Masse der landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich agrarische Rohstoffe mit geringen Kosten und damit Standards hinsichtlich Umwelt- und Tierschutz herstellt. Die Rohstoffe werden je nach Produkt national oder international verarbeitet. Auch Innovationen kommen vor allem großen, hoch-technologisierten Betrieben zugute, die allerdings Schwierigkeiten haben, Arbeitskräfte zu finden. Die wirtschaftlichen und förderpolitischen Bedingungen erhöhen den Druck auf kleine landwirtschaftliche Betriebe enorm, was den Strukturwandel stark befeuert und zum zunehmenden Verschwinden bäuerliche Familienbetriebe führt.

Politik & Institutionen: Globale Interessen dominieren die nationale agrarpolitische Agenda

Die nationale Agrarpolitik wird entsprechend der Interessen von großen, global-agierenden Agrarkonzernen gestaltet. Die Entwicklung ländlicher Räume ist dem völlig untergeordnet mit stark abnehmenden Trends für die soziale Infrastrukturentwicklung. Die politische und wirtschaftliche Oberschicht forciert vor allem Technologieentwicklung und internationalen Handel durch die öffentliche finanzielle Unterstützung von Agrarinvestitionen und Agrartechnologieentwicklung, von denen vorwiegend Agrarkonzerne profitieren. Dies geht auf Kosten der Einkommensunterstützung für Landwirt*innen. Die flächendeckende Verfügbarkeit von Agrarumweltmaßnahmen wird zugunsten regionaler Maßnahmen aufgegeben, die besonders dort angeboten werden, wo es zur Lebensqualität einer städtischen Oberschicht beiträgt, etwa in den Wohn- und Erholungsregionen rund um Großstädte. Die Landwirtschaft im alpinen Raum ist von untergeordnetem Interesse, sodass Zahlungen für die Entwicklung ländlicher Räume, etwa in benachteiligten Gebieten, mehr oder weniger eingestellt werden.

Technologie, Umwelt & Ressourcen: Technologische Weiterentwicklungen mit ungleichem Zugang

Die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts in der Landwirtschaft wird verstärkt durch steigende private und öffentliche Investitionen, was die Flächen- und Arbeitsproduktivität steigert. Umwelt- und Ressourcenschutz sind hingegen keine Triebfeder der Technologieentwicklung. Die aufgrund der oligopolistischen Marktstruktur stark steigenden Rohölpreise begünstigen aber energieeffiziente Technologien.

Storyline AT-Agri-SSPP5: Agrar- und Ernährungssystem setzt auf fossile Energie und Technologie

Bevölkerung und Urbanisierung: Wien wächst und wächst

Der Großteil der österreichischen Bevölkerung verfolgt einen urbanen Lebensstil, wodurch Wien noch mehr an Attraktivität gewinnt. Die österreichische Bevölkerung ist sehr wohlhabend und von den Vorteilen des technologischen Fortschritts überzeugt. Dies zeigt sich in allen Lebensbereichen, inkl. des Lebensmittelkonsums. Dass Wirtschaftswachstum und technologische Weiterentwicklungen fast ausschließlich auf fossilen Ressourcen beruhen, ist für weite Teile der österreichischen Bevölkerung von nachrangigem Interesse. Von Bedeutung sind vor allem das steigende Einkommen aller Bevölkerungsschichten und das Sinken der sozialen Ungleichheit. Umweltziele sind den wirtschaftlichen Zielen klar untergeordnet und werden von der Bevölkerung nicht eingefordert. Das Umweltbewusstsein der Bevölkerung und die Nachfrage nach Ökosystemleistungen sinken zwar, aber eine Grundnachfrage nach Erholung in der Kulturlandschaft und der Natur bleibt.

Wirtschaft: Liberale, freihandels-orientierte Wirtschaftsentwicklung und Spezialisierung

Dem gesellschaftlichen Ziel eines zunehmenden Wirtschaftswachstums folgend, werden Handelsabkommen stark ausgebaut und Zölle abgebaut. Die Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel und für Agrargüter (inkl. Lebensmittel) sinken mäßig. Sinkende Preise durch Effizienzgewinne des globalen Marktes und eines zunehmenden Technologieeinsatzes werden zum Teil durch Produktionsrückgänge als Folge fehlender staatlicher Maßnahmen kompensiert. Die technologieintensiven Agrarbetriebe in den landwirtschaftlichen Gunstlagen sind hoch spezialisiert und global vernetzt. Die Betriebsgröße in der Landwirtschaft nimmt unter dem Druck des internationalen Wettbewerbs und der rasanten technologischen Entwicklung stark zu. Der hohe Technologisierungsgrad benötigt gut ausgebildete Fremdarbeitskräfte. Die hohe Arbeitsproduktivität der Betriebe erlaubt aber auch verhältnismäßig gute Löhne, sodass das Arbeitskräfteangebot etwas steigt. Der Speiseplan der Österreicher*innen ist vielfältig und inkludiert neuartige Lebensmittel, unter anderem Insekten, Laborfleisch und exotische oder synthetische Superfoods. Die Bedeutung von klassischen tierischen Produkten (Milch, Fleisch) als Nahrungsmittel sinkt. Bei der Wahl der Lebensmittel achten die Konsument*innen weder auf Herkunft, noch auf Produktionsstandards wie etwa die biologische Landwirtschaft. Sozialstandards werden hingegen befürwortet und Produkte mit entsprechenden Labels gekauft. Die Konsument*innen entwickeln ein großes Interesse an neuartigen Qualitäts- und Produktionsstandards, die vor allem durch technologische Weiterentwicklung, bspw. in Züchtungen und Genmodifikationen, erreicht werden.

Politik und Institutionen: Liberalisierung dominiert die politische Agenda

Die politischen Entscheidungsträger*innen folgen wirtschaftsliberalen Ideen und greifen kaum in Märkte ein. Dies führt zu einem stark gekürzten Agrarbudget mit einer drastischen Reduktion der Direktzahlungen, Agrarumweltzahlungen und Zahlungen für die ländliche Entwicklung etwa in benachteiligten Gebieten. So stockt auch die Infrastrukturentwicklung in ländlichen Räumen. Typische Produktionseinschränkungen in Zusammenhang mit Direktzahlungen, z.B. Flächenstilllegungen, bestehen nicht. Auch die Umweltstandards werden deutlich reduziert, um den Produzent*innen mehr Freiheit zu gewähren. Ein Beispiel sind deutlich gelockerte Einschränkungen der agrarischen Landnutzung, bspw. der Nitrat-Grenzwerte auf produktiven Flächen, sofern Brauch- und Trinkwasser alternativ aufbereitet oder günstiger auf dem Markt zugekauft werden kann. Einzig die öffentlichen Zahlungen für Agrarinvestitionen und Agrartechnologieentwicklung werden auf einem moderaten Niveau weitergeführt, um die Aufrechterhaltung des Wirtschaftswachstums zu gewährleisten. Eine regionale Ausnahme der gelockerten Standards sind die größeren Städte (vor allem Wien) sowie Stadtumlandgebiete, wo die Nachfrage nach Wohnfläche weiter steigt. Die Nachfrage nach Erholung im Grünen wird vor allem durch die Aufrechterhaltung von minimalen Umweltstandards und von Subventionen in landschaftlich besonders attraktiven Gebieten gedeckt. Dies soll die Grünlanderhaltung beispielsweise in den Almen ermöglichen um die touristische Nutzung und Attraktivität aufrecht zu erhalten. Insgesamt werden für die Schaffung oder Beibehaltung von Erholungsflächen vor allem marginale Flächen mit geringer Produktivität, bspw. Naherholungsgebiete im Einzugsbereich größerer Städte, gewählt.

Technologie, Umwelt und Ressourcen: Ressourcenintensive Innovation bewirkt Übernutzung von natürlichen Ressourcen

Sowohl Landwirt*innen als auch Konsument*innen haben eine sehr hohe Technologieakzeptanz, auch bei der Nahrungsmittelherstellung. Dies begünstigt, gemeinsam mit dem hohen Wirtschaftswachstum und den hohen privaten Investitionen in Technologieentwicklungen eine starke Technologisierung in allen Bereichen der Lebensmittelproduktion. Neuartige Produktionssysteme und Landwirtschaftsformen für Lebensmittel entwickeln sich auch in Städten (z.B. vertikale Landwirtschaft), vorwiegend aus Interesse an der neuen Technologie. Dem übergeordneten Zweck eines steigenden Wirtschaftswachstums dient auch der erleichterte Zugang zu sowie die geringen Kosten für natürliche Ressourcen, etwa für die agrarische Bewässerung oder für bisher geschützte produktive Flächen.